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Challenge Geraardsbergen – Nichts für Flachlandtiroler

Bericht von Pascal Velten und Alexander Wolf

Radsport-Freunden wie Pascal ist SIE natürlich ein Begriff, Alexander war SIE jedoch bis Ende letzten Jahres unbekannt: „De Muur van Geraardsbergen“. Und so kam es, dass sich Alexander, ohne zu wissen, was ihn erwartet, zusammen mit Pascal bei der Challenge im belgischen Geraardsbergen angemeldet hat. Bei diesem Mitteldistanz-Triathlon muss die Mauer von Geraardsbergen gleich zweimal bewältigt werden!

Bei der Abholung der Startunterlagen wurden die beiden BSV-Athleten mit dem Motto: “Echte Flander fahren auf Kopfsteinpflaster“ konfrontiert. Na, das versprach ja, lustig zu werden!

Nachdem der strömende Regen nachgelassen hatte, erkundigten die beiden – mit dem Auto und zu Fuß – „die Mauer“. Ihre Schnappatmung konnten sie nicht verbergen, während sie von Fragen gequält wurden: Sind unsere Carbon-Laufräder geeignet für das raue Kopfsteinpflaster?!? Kommen wir da mit unserer normalen Übersetzung überhaupt rauf oder bräuchten wir eigentlich eine Kompaktkurbel und Bergübersetzung?!?

Der 1,2km lange Anstieg beginnt im Zentrum der Stadt. Auf der ersten Hälfte geht es noch gemäßigt bergauf, danach wird es immer steiler. Die durchschnittliche Steigung beträgt über 10%, die maximale Steigung – da streiten sich die Gelehrten – liegt zwischen 18% und 20%. Und das Ganze auf übelstem Kopfsteinpflaster!

Aber egal, es half ja alles nichts, dann mussten halt beim vorabendlichen Carboloading einfach ein paar Nudeln mehr reingeschoben werden. Danke an Janine für die erstklassige Bolognese! Die gab es im Bungalow, welches Pascals Familie für ein paar Tage gemietet hatte. Von dort war der Schwimmstart fußläufig zu erreichen, was natürlich am Sonntagmorgen extrem komfortabel war! Nach dem Aufstehen checkten wir um 8 Uhr schnell unsere Räder ein und gingen zurück zum Bungalow. Jenny und Lukas waren so nett, zwischenzeitlich schon das Frühstück vorzubereiten. Kurz noch die Beine für ein paar Minuten hochgelegt und los ging es Richtung Startzone.

Um 11 Uhr fiel der Startschuss am See des Freizeitgeländes „De Gavers“ in der Nähe von Geraardsbergen. Die Wassertemperatur lag bei 22°C, so dass der Neo erlaubt war. Zunächst gingen die Profis ins Wasser, dann nach und nach die Altersklassenathleten, je nach geplanter Schwimmzeit. Bei dem sogenannten „Rolling Start“ wurden alle 10 Sekunden 5 Triathleten auf die Reise geschickt. Diese Startvariante ist wirklich sehr angenehm, da die übliche Prügelei im Wasser entfällt. Der einzige Nachteil ist, dass es durch die unterschiedlichen Startzeiten während des Wettkampfs nicht klar ist, wer sich vor bzw. nach einem befindet.

Nach 0:28:44 (Alexander) bzw. 0:38:40 (Pascal) waren die 1,9km Schwimmen geschafft.

Pünktlich zum Wechsel aufs Rad wurde es dann auch von oben wieder nass. Nun ging es durch das westliche Flandern auf Teilen der Radstrecke der „Flandern Rundfahrt“ und die Strecke hielt alles, was Sie versprach. Einige Triathleten mussten den belgischen Streckenverhältnissen gepaart mit Nässe sowie einem ständigen Rechts/Links & Auf/Ab Tribut zollen. Pascal und Alexander kamen mit den Bedingungen jedoch gut zurecht und arbeiteten sich Stück für Stück nach vorne.

Es waren zwei Runden zu absolvieren, jede mit vier Anstiegen. Der vierte Anstieg war „die Mauer“. Bereits im unteren, noch nicht ganz so steilen Teil, führte der Versuch, sich aus dem Sattel zu erheben und ein paar Meter im Wiegetritt zu fahren, dazu, dass das Hinterrad sofort auf dem regennassen Kopfsteinpflaster durchdrehte. Alexander hatte schon jetzt zu kämpfen und konnte sich kaum vorstellen, ohne abzusteigen oben anzukommen. Also: Sitzen bleiben und drücken! (Klingt komisch, war aber so. 😉 )

Vor uns fielen die Teilnehmer an der steilsten Stelle reihenweise um oder mussten aufgrund der Steigung schlichtweg absteigen und schieben. Helfer standen bereit, um weitere Stürze zu verhindern. Einer schrie, dass wir sitzen bleiben sollen, und mit allerletzter Kraft erreichten wir ein etwas flacheres Stück, bevor die letzten Meter zum Gipfel zu drücken waren.

In der zweiten Runde war es ähnlich, nur noch härter. Oben auf der „Muur“ angekommen hatte Alexander dann schon etwas Pipi in den Augen. Sein Wunsch, ohne Abzusteigen hoch zu kommen, war erfüllt worden … und nach 90km in 2:34:26 fuhr er in die zweite Wechselzone.

Als früherer Radrennfahrer kam Pascal erstaunlich gut mit den Bedingungen zurecht und fuhr ohne Probleme die Mauer hoch. Nach 2:37:15 erreichte auch er Transition 2.

Beide Athleten waren nach dem Wechsel aufs Laufen froh, die Strapazen in Form von Pflaster und Steigungen hinter sich zu haben. Da hatten sie die Rechnung aber ohne den Veranstalter gemacht! Denn 200 Meter nach der Wechselzone ging es direkt wieder einen 12%igen Knipp hoch zum Markt, und auch der weitere Verlauf des 7km langen Drei-Runden-Kurses war alles andere als flach.

Bei Alexander fühlten sich die ersten Schritte dennoch gleich sehr gut an. Die letzten drei Kilometer auf dem Rad hatte er locker ausrollen lassen, und so war das Mauer-Lactat wohl weitestgehend abgebaut worden. Er konnte den Halbmarathon in 1:22:14 laufen. Auch bei Pascal, dem zunächst noch die anspruchsvolle Radstrecke in den Beinen steckte, lief es ab der zweiten Runde flüssiger und er konnte das Tempo auf der Laufstrecke forcieren.

Im Ziel auf dem Marktplatz von Geraardsbergen, im Blickfeld vom Manneken Pis, stand eine 4:30:24 auf Alexanders Uhr. Dieses Ergebnis wurde mit dem Sieg in der Altersklasse 45 bis 49 belohnt. Pascal kam kurze Zeit später – ebenfalls sehr zufrieden – mit 5:05 ins Ziel. Er verpasste damit zwar sein selbstgestecktes Ziel von sub 5 Stunden, jedoch war auf dieser Strecke bei den Verhältnissen einfach nicht mehr drin.

Zur Stärkung gab es im After-Race-Bereich – wie sollte es auch in Belgien anders sein – Belgische Fritten! Und beide Triathleten konnten mit Recht behaupten: „I defeated the Muur van Geraardsbergen in a Triathlon! (Twice!)“

Für die Awards Ceremony hat sich das Challenge-Team eine ganz besondere Auszeichnung einfallen lassen: Der „Pokal“ ist ein 3kg-Pflasterstein. Auch wenn dieser Stein nur einen Bruchteil der Strecke repräsentiert, verdeutlicht er dennoch die Charakteristik dieses Wettkampfes. Pascal und Alexander werden die Challenge Geraardsbergen wohl noch lange in lebhafter Erinnerung behalten.