Ironman Maastricht


Bericht von Josef Kunze

Es sollte das schöne Finale meiner Ironman-Trilogie werden, aber um die Bewertung vorwegzunehmen: minus 5 von 10 Punkten

Ich habe mich darauf gefreut, an einem Ironman hier in der Region teilzunehmen. Bei der Vorfreude ist es aber geblieben. Man hatte mich vorher schon gewarnt, da die letzten Male der Ironman in Maastricht schon keine Sternstunden waren. Ich ging von der irrigen Annahme aus, dass man, wenn man doch eine zweite Chance erhält, sich dann halbwegs Mühe gibt, einen astreinen Wettkampf auf die Beine zu stellen – sollte man denken.

Das Einchecken war schon mäßig, da ja am Samstag die Halbdistanz stattfand und bereits die Parkplatzsuche das erste Abenteuer war. Bei der Startnummernausgabe gab es die standardisierten Shops und einen immerhin wirklich schmackhaften Kaffee. Die Wettkampfbesprechung brachte nichts Neues.

Die Radabgabe: Es gab einige Freiwillige, die sich durch konsequente Unkenntnis auszeichneten und die sich auch nicht im Geringsten durch die extrem tiefen Löcher in der Wechselzone irritieren ließen. Diese einzigartige Haltung der HelferInnen war repräsentativ für die gesamte Organisation und sollte sich wie ein roter Faden durch den gesamten Wettkampf ziehen.

Wettkampftag heißt: Sehr früh aufstehen, was bei mir 3:15 Uhr bedeutet. Frühstück und dann ab zum Start. Diesmal war es schon etwas Besonderes, meinen Trainingspartner Stepan zu seinem ersten Ironman-Start zu begleiten. Wechselzone heißt: Überall Kopf behalten, Pumpe suchen, Wechselbeutel aufhängen und der obligatorische Toilettengang. Bei acht Dixies für 1000 Personen eine organisatorische Meisterleistung. Natürlich war nicht ich derjenige (würde ich niemals tuen), der den Zaun wegschob und so den Weg zu weiteren, bis dahin versperrten, 8 Dixies eröffnete ,zur Freude Aller. Keine Zeit sich zu ärgern, denn es heißt: Watch your step! Vorsicht Schlaglöcher!!!

Der Wettergott war uns sehr gnädig. Es erwartete uns ein stimmungsvoller Sonnenaufgang an der Maas…, wenn nicht die Kakofonie aus Musik, seltsamem Gerede über einen Engel und Anderes gewesen wäre. Positiv ist, dass niemand in den Neoprenanzügen in der Wartezone die hohen Sitzbänke runtergestolpert ist. Dann der Startschuss. Zügig ging es Richtung Rampe. Kleiner Tipp: Spring weit ins Wasser, ansonsten hat diese Rampe den Charakter einer Galgenvorrichtung, zum Glück ohne Strick. Wer nicht springt, der fällt hier auf übles Felsgestein und verletzt sich. Das dies passierte, steht außer Frage, wie mir eine Wettkampfteilnehmerin mit dickem Fuß berichtete.

Natürlich kann das Wasser in der Maas nicht mit dem unglaublich sauberen Thunersee verglichen werden, aber das Schwimmen war dennoch sehr angenehm. Die ersten 2,5 Kilometer schwamm neben mir ein Mitstreiter, so dass ich mich hervorragend orientieren konnte. Dann jedoch hatte ein weiterer Triathlet das dringende Bedürfnis den 50cm-Abstand zwischen uns zu nutzen, um sich zu uns zu gesellen bzw. um sich zwischen uns zu quetschen. Flutsch und weg verabschiedete sich mein „Begleiter“. Naja, er hatte eine rote Badekappe auf, wie 1000 andere auch. Erfreulicherweise verlief das Schwimmen sehr entspannt und die erhofften ca. 12h (Gesamtzeit für den kompletten Wettkampf nicht für das Schwimmen!) waren im Bereich des Möglichen.

Und ab in die Wechselzone. Watch your step! Ein Hin das Rad abstellen, ein Zurück zum Beutel, ein Hin zum Wechselzelt und ein Zurück zum Beutelaufhängen.

Und dann auf die Radstrecke: Normalerweise kenne ich Wettkampfstrecken gut gesichert. Fahrbahnverengungen, Hindernisse auf der Straße, Seitenstraßen, Fußgängerüberquerungen und wirklich gefährlichen Passagen waren maximal schlecht, meist gar nicht gesichert. Die als flach deklarierte Radstrecke war es nicht. Fehlende oder mit ihrem Handy beschäftigte Streckenposten oder wirklich gut versteckte mit grünen Fähnchen (war grün nicht „Go“ und rot „Vorsicht“?), winkende im Schatten versteckte Helfer. Puh, … könnte so weiter gehen.

Dann mein persönliches Highlight: Zuerst wollte mich eine Uniformierte von der Radstrecke lotsen. Sie war total mit der Koordination überfordert. In der zweiten Runde wurde ich dann nachweislich von den Streckenposten fehlgeleitet. Das ist hart, feststellen zu müssen, dass man anstatt 180 km 210 km und nochmal 400 HM zusätzlich fahren darf. Als ich das bemerkte und Streckenposten fragte, wussten selbige noch nicht einmal, an welchem Kilometer sie standen. Ich hatte sehr viel Wut in mir!

Ständig ging mir Mozart durch den Kopf. Der Titel lautet (kein Scherz): „Leck mich im Arsche.“ Einen der Schiris darauf angesprochen (nicht auf Mozart), überprüfte er meine Daten, gab mir Recht und meinte freundlich…äh, da kann ich auch nichts machen. Ich habe dann den Frust und die Wut in Energie umgewandelt und mich geweigert, das Handtuch zu schmeißen. Never ever give up!!

Bei der letzten Steigung hatte ich das Gefühl, dass sich meine Oberschenkelmuskulatur unbedingt sich vom Knochen trennen wollte. Mein Ego und mein Körper waren richtig am Ende. Zu allem Überfluss fehlte mir jetzt auch noch das Wasser und der Durst wurde unerträglich. Zwei niederländische Polizisten sorgten sich dann freundlicherweise um mich und versorgten mich mit eisgekühltem Wasser. Die beiden waren bemerkenswert freundlich! Danke! Irgendwann geht auch das schönste Erlebnis zu Ende und so erreichte auch ich die Wechselzone. Vorsicht Schlaglöcher! Endlich runter vom Rad und in die Laufschuhe. Watch your step!

Das Durstgefühl war entsetzlich und ich wusste, dass ich ein Problem habe, aber Kopf hoch und los! Der Frust und die Wut wirkten weiter. Ich hatte mich entschieden nicht aufzugeben!

Es überraschte mich selber, dass das Laufen recht gut ging. Etwas seltsam, dass es kein Problem gewesen wäre, die ersten beiden Armbänder für den Nachweis der Runden auf einmal anzunehmen. Auch Runde drei und vier wäre in einem Aufwasch ohne Probleme einzusacken gewesen. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass es den Helfern vollkommen egal war. Ich hätte mich aber in Grund und Boden geschämt, obwohl der Gedanke wegen der zu langen Radfahrt kurz aufkam. Lange Zeit bin ich mit Joy zusammen gelaufen. Sie war schon in der dritten Runde und auf dem Weg, ihre Altersklasse zu gewinnen. Ich hatte nun eine Aufgabe und Ablenkung und Joy war froh, einen Motivator zu haben, denn ich war wieder gut drauf und hatte meinen Humor wiedergefunden. Nachdem sich Joy bedankt hatte, ich ihr gratulierte und sie sich verabschiedet hatte, verabschiedete sich auch mein Magen mal wieder. Naja, gratuliert hat er mir nicht. Es waren die härtesten 21 Kilometer meines Lebens. Jeden KM wurde es immer unmöglicher, irgendetwas an Flüssigkeit aufzunehmen. Die letzten 10 Kilometer gingen dann gar nichts mehr. Keine Cola, kein Wasser, nix. Kurz vor dem Ziel habe ich noch einen anderen Triathleten kurz untersucht, der über eine absolut nicht bei der Dunkelheit zu erkennende Wurzel (warum auch absichern?!?) gestolpert und aufs Gesicht gefallen war. Außer Abschürfungen und fehlender Zahnkanten ging es ihm relativ gut.

Minuten später war ich im Ziel. Ich war einfach viel zu fertig, um Einspruch einzulegen bezüglich des Radfahrens. Stepan war schon lange im Ziel und konnte zurecht stolz auf sich sein. So konnte es mir Wurscht sein, dass in dieser abgelegenen Ecke, wo der Zieleinlauf war, auch kein Support zu finden war. Stepan begleitet mich und war einfach da. Danke Stepan!!! Das tat gut, nicht alleine dazustehen. Vom Ziel war es dann nochmal eine kleine Wanderung zur Wechselzone, um Räder und Beutel abzuholen. Vorsicht Schlaglöcher!

Fast hätte ich vergessen, das lächerliche Finisher-Shirt zu erwähnen, welche so aussah, wie es an Qualität vorzuweisen hatte. Ich habe ca. 35 bis 40 Finisher-Shirts, dieses habe ich direkt weggeworfen.

Trotz Allem, was in Maastricht passiert ist bin ich unglaublich stolz, mich nicht habe unterkriegen zu lassen, nicht aufgab, 3 Ironman in 6 Wochen finishte.

Mein Fazit aus der Aktion:

  1. Kürzertreten.
  2. Nächstes Jahr nur zwei Ironman in vier Wochen.
  3. Niemals wieder in Maastricht starten.
  4. Wenn du drei Langdistanzen in sechs Wochen schaffst, gibt es nur wenig Applaus. Willst du Anerkennung, geht das nur über eine Qualifikation. Also muss ich wohl noch zwei Jahre weitermachen.

Bewertung: s.o.