Ironman Thun


Bericht von Josef Kunze

Nachdem ich zwei Wochen vorher in Frankfurt gestartet war, war es mein Ziel, den Wettkampf so smart wie möglich zu bewältigen. Leider war meine Begleitung beruflich verhindert und so fuhr ich halt „mutterseelenallein“, aber dennoch fest entschlossen Richtung Schweiz. An der Grenze wurden noch Euros in Schweizer Franken getauscht. Schließlich durfte ich 30 Minuten vor Thun noch 1,5h Stau genießen. Die über Airbnb gebuchte Unterkunft war ein echter Glücksfall. Die Wohnung lag direkt über dem Fahrradladen, dessen Besitzer auch der Vermieter ist. Ein Taxi hat er nicht per Telefon gebucht, sondern einfach über die Straße gerufen. Dort wohnt sein Kumpel, der unter anderem auch der örtliche Taxiunternehmer ist. Die Gegend ist landschaftlich unglaublich schön und definitiv einen Besuch wert.

Wie bei ca. 1000 Teilnehmern zu erwarten war, hatte man viel Platz sowohl bei der Anmeldung als auch beim Check-in. Die Schweizer waren recht freundlich und der Wettergott war es ebenso. Dennoch kamen bei mir immer wieder Zweifel auf, ob ich es wirklich packen würde.

17 Grad „warmes“ Wasser… und ich als Warmduscher sollte das wirklich schaffen? Der Ironman vor zwei Wochen? Die Radstrecke? – Mein Plan war, so wenig wie möglich und so viel wie nötig an Energie aufzuwenden.

Dies bedeutete beim Schwimmen: sehr locker angehen. Und Gehen ist hier wörtlich zu nehmen, denn ca. die ersten 60 Meter kann man schwimmen oder gehen. Schön war es für mich, dass ich mir einfach die Zeit nehmen konnte, einem Athleten mit Atemnot zu beruhigen. Damit kenne ich mich leider sehr gut aus. Offensichtlich hat mich diese Aktion selbst so entspannt, dass ich das wunderbar saubere Wasser und den traumhaften Sonnenaufgang über den Berggipfeln genießen konnte. Ehrlich, ich habe mich pudelwohl gefühlt. Platz ist beim Schwimmen war reichlich vorhanden, wobei ich ja, wie gesagt, keine Anstalten gemacht habe, Tempo zu machen. Am Ende der Schwimmstrecke ging es in einen kleinen Hafen. Hier wurde es eng und die Orientierung ist mir hier schwergefallen. Ein längerer, aber erträglicher Weg führte in die Wechselzone. Auf dem Kunstrasen lagen eine Vielzahl kleiner sehr nerviger Steinchen, die unbedingt mit auf die Reise wollten. Ansonsten auch hier ein sehr liebenswertes Team und viel Platz.

Die Radstrecke: Leider war der Nacken auch hier über die komplette Strecke eine echte Spaßbremse. Aber… Chantal heul leise! Der Kurs führte durch eine traumhafte Schweizer Landschaft mit motivierenden Schweizern am Straßenrand. Auch wenn Obelix behauptet hat, die Schweiz sei flach, stimmt das wirklich nicht. Es erwarten die Teilnehmer lange, für mich quälende Anstiege, und kurze, steile Abfahrten. Tja Radfahren ist nicht meine Top-Disziplin. Ziel war es, langsam zu fahren und immer noch genug Reserve für den Pannenfall zu haben. Es ging allerdings etwas an die Nerven, diese Taktik auch durchzuhalten. Manchmal dachte ich: „Oh, keiner vor mir, dann bin ich bestimmt der Erste!“ Der Magen erklärte sich nicht bereit, meine Maurten-Verpflegung aufzunehmen, was bei Kilometer 100 nicht wirklich günstig war. Ja, beim Training hatte ich diese Probleme kein einziges Mal. Zwischendurch machten sich die Beine immer mehr bemerkbar, aber der sture Ire in mir meinet wohl, ich soll einfach weiter strampeln. Die letzten 500 Meter sah ich dann viele mir entgegenkommen, welche schon auf der Laufstrecke liefen. Und das in der prallen Sonne am Straßenrand. Oh mein Gott!

Kaum war ich in der Wechselzone angekommen und bereit zum Laufen, meldete sich mein Schweizer Ein-Mann-Fanclub! Beat (mein Schweizer Freund und ein echtes Urgestein!), du warst einfach eine echte Schweizer Naturgewalt. Bestehen eigentlich alle in eurem Dorf nur aus Haut und Muskeln, einem großen Herz und Verstand?

Erstmal läuft man eine etwas unangenehme Strecke an der Hauptstraße lang. Hier knallte die Sonne so richtig rein. Der Rest der Strecke führt am See lang, durch einige sehr schöne, schattigen Stücke und eine historische Holzbrücke lang. Überall gibt es kleine Hotspots. Der Wunsch, in den noch am Morgen als kalt empfundenen See zu springen, stieg ständig an. Nach bereits sechs Kilometern kamen Zweifel auf, ob meine vorhandene Energiereserven noch reichen würden. Da ich mich „nur“ noch ins Ziel bringen wollte, waren Gehpausen ok. Leider schienen einige es auszunutzen, dass keine Bändchen pro Runde verteilt wurden und kürzten eine Runde ab. Da waren 14 km! Aber ehrlich, da habe ich lieber ein DNF als diesen würdelosen Weg zu gehen bzw. zu laufen. Die letzten 10 km wollte ich aber dann endlich nur noch ins Ziel. Die ganze Laufstrecke machte meinem Magen mächtig Ärger. Selbigen, also den Magen, nicht den Ärger, habe ich bei jeder Möglichkeit äußerlich mit Eiswürfeln eingerieben, was erstaunlich gut funktionierte. Mein Ernährungskonzept war eh schon lange hinfällig geworden, ich aber noch nicht. Das sich drei Kilometer so ziehen können, war mir selten so bewusst. Der Zieleinlauf war klein aber fein und es gab auch für mich noch mächtig Applaus und ein „ Joooseef, yooouu are an Ironman!“

Der Zielbereich war funktionell und gemütlich gestaltet. Nach einem lustigen Schwätzchen mit einem Engländer bin ich dann den langen, sehr langen Weg zum Auto gelaufen, inklusive Rad und Gepäck. Ich ließ mir am Auto kurz das Rennen und die letzten noch vorhandenen Reste des Mageninhalts durch den Kopf gehen, wonach es mir richtig gut ging. 😉

Es war ein toller Wettkampf und nochmals betont: Die Landschaft ist ein Traum! 9 von 10 Punkten an die Schweiz.