Bericht von Josef Kunze
Um es vorwegzusagen: Die Teilnahme am Mont-Tremblant-Ironman war einfach ein so schönes Erlebnis, um nicht noch nach so langer Zeit einen Bericht darüber zu schreiben. – Sechs Wochen zuvor hatte ich Challenge Roth gefinisht
Dazwischen lag jetzt der Ratschlag des Magazins „Triathlon“ auf meine Frage, ob zwei Ironman für einen Mittfünfziger zu packen sind in sechs Wochen. Da es auch ein reales Leben gibt kann man nicht alle Ratschläge, die ich dort durch meinen Leserbrief erhalten habe, in die Tat umsetzten… Poutine (Fritten, Soße, Käse… lecker) in Kanada zu essen, zählte mit Sicherheit nicht dazu!
Die Teilnahme am Ironman Mont-Tremblant war ein Geschenk meiner Frau zu unserem 30sten Hochzeitstag. Zu Beginn unserer zweiwöchigen Reise durfte ich exklusiv an einer amerikanischen Universität (mir wurde eine ganze Bahn reserviert) ein Schwimmtraining absolvieren. Ebenso absolvierte ich noch zwei Laufeinheiten durch ein wunderschönes Valley im Bundesstaat Pennsylvania… Das wars mit dem Training. Am Ende unserer Traumreise stand nun der Start in Mont-Tremblant.
Der Ort selbst ist klein und erinnert an Disney. Die Landschaft, der See waren sehr beeindruckend. Die Menschen zeigten sich sehr hilfsbereit, freundlich. Sie wissen, dass sie vom Tourismus abhängig sind. Es herrschte eine sehr gute Stimmung.
Die Preise waren erträglich. Wir hatten ein 1a Zimmer mit Balkon und Blick auf die Laufstrecke, den See und die umliegenden Berge. Die Triathlon-Messe hatte ihren Namen zu Recht, war sie doch nicht zum lächerlichen Etwas zusammengeschrumpft worden, wie ich es jetzt schon häufiger erlebt habe. Ich habe mir mein Zeitfahrrad dort professionell zusammenbauen und checken lassen. Der Wettergott schien uns Triathleten zu lieben. Es war einfach der Running Gag unter den Athleten, ob man sich auch bloß intensiv mit Poutine vorbereitet hat… Viele hatten.
Einchecken und Wettkampfbesprechung
Ich war schon aufgeregt, mein erster Start im Ausland stand bevor, ein persönlicher Traum, in einem großen Kanadischen See zu schwimmen, war greifbar nah. Jeder Teilnehmer bekam einen Armreif bei der Startnummernausgabe, den man an einen netten oder verdienten Helfer weitegeben sollte. Ich habe meinen an einen der Nachtwächter gegeben, schließlich hatte dieser die ganze Nacht auf unsere Räder aufgepasst und mit Sicherheit gefroren, denn es war morgens kalt
Die Wettkampfbesprechung war sehr gut vorbereitet und uns wurde klar gemacht, dass an einigen Stellen Überholverbot sein würde, da es sonst lebensgefährlich sein könnte. Wie es sich zeigte, machte dies auf den Abfahrten auch wirklich Sinn!
Wettkampftag!
Kalt und früh! – Falsch: Sehr kalt, sehr früh! (Brrr)
Das Übliche: Rad bestücken, Luftdruck überprüfen. Die Reifen kann man dort vom Service auf den gewünschten Druck bringen lassen.
Der Weg zum Schwimmstart ist einigermaßen lang, aber wegen der Aufregung empfand ich dies nicht als störend. Kleines Detail am Rande: Dixies sind ausreichend vorhanden. Na, geht doch
Leider kamen keine Jets angeflogen, wie wohl fast jedes Jahr zur Wettkampferöffnung, da es einfach zu neblig war. Die Atmosphäre war romantisch und angespannt zugleich. Dann der Startschuss!
Dann die Atempanik, wohl ausgelöst durch das kalte Wasser und die kalte Luft. Ich dachte nur: Reiß dich zusammen! Du hast den ganzen Urlaub den Radkoffer und die ganzen Beutel mitgeschleppt. Kurz: Ich bin nicht ertrunken. Ich bin mir aber fast sicher, dass im See ein weißer Hai lebt oder vielleicht war es auch einfach ein beleibter, sehr hellhäutiger, massiger Amerikaner mit ärmellosem Neopren, der mich ständig mal von rechts mal von links rammte. Ständig in der Angst gefressen zu werden, absolvierte ich das Schwimmen trotzdem ganz zufriedenstellend. Sogar in einen kleinen Bereich, in dem von unten her eiskaltes Wasser strömte, brachte mich nichts aus dem Rhythmus. Beim Ausstieg wurde ein Schild hochgehalten auf dem stand: „Lächle, wenn du in den Neo gepinkelt hast.“ Natürlich hat niemand gelächelt!
Wer wollte, konnte sich von Helfern aus dem Neopren pellen lassen. Diese Teams sind blitzschnell.
Die Radstrecke war ein Traum für mich. Nordamerikanische Landschaften, super Abfahrten, die mir riesig Spaß bereitet haben. Einen Highway runterdonnern bedeutete bei 70km/h, dass mein Rad flatterte wie ein Absperrband im Wind, aber es war einfach spaßig! Waldabfahrt mit überhöhten Kurven ließen sogar mich Gas geben. Leider sprang am Ende der Abfahrt meine Kette an einer sehr heiklen Stelle ab. Schnell hatte ich den Defekt behoben. Da hörte ich von hinten auch schon eine sehr tiefe Stimme: „Josef, may I help you?“ Ich drehte mich um und sah den vollbärtigen lächelnden Riesen vom Serviceteam auf der Strecke. Als ich freundlich verneinte versprach er mir ein paar Minuten an meiner Seite zu fahren und zu checken, ob alles auch in Ordnung bleibt. Auf der Radstrecke gab es allerdings eine Steigung, an der einige Athleten ihr Rad geschoben haben. Ich dachte nur: Lieber platzt du, eh du schiebst! Auch wenn ich nicht der Schnellste war, so war es wirklich schade, dass das Fahrerlebnis vorüber war.
In der Wechselzone lernte ich einen Kanadier kennen (wir stehen immer noch in Kontakt). Wir beschlossen, den Marathon gemeinsam zu bewältigen, komme was wolle! Wir hatten viel Spaß, warteten an den berühmten blauen Häuschen aufeinander, stellten uns unsere Ehefrauen vor, motivierten uns in Krisen, genossen das wirklich fantastische Publikum und auch den gemeinsamen Zieleinlauf. Die Laufstrecke ist, genau wie die Radstrecke, recht anspruchsvoll und sollte nicht unterschätzt werden!
Nach einem würdevollen Zieleinlauf mit: „Josef, you are an Ironman“ von Mike Reilly ging es in einen sehr gut organisierten Zielbereich.
Mike Reilly gab mir noch ein Autogramm auf meine Kappe, was für mich ein weiteres Highlight war. Ein rundum gelungener Wettkampf. Am nächsten Morgen ging es mir fantastisch. Das lag auch daran, dass wildfremde Menschen einem zum Finish gratulierten. Niemand hat nach der Zeit gefragt. Scheint anderes zu sein, als in Europa, wo eine der ersten Fragen immer ist: Was für eine Zeit? Und dann das Gesicht, wenn man über 12h erreicht hat!
Ich empfand dies als sehr angenehm und richtig. Schließlich ist ein Ironman zu finishen eine wahnsinnige Leistung!
10 von 10 Punkten für diesen Wettkampf! – Und: 12 von 10 für meine liebe Frau, die mir dieses super Geschenk gemacht hatte!!!