NRW-Zeiten und Vereinsrekord in Gladbach


Die Wettkampfmannschaften starten seit über 2 Jahren noch einmal auf der langen Bahn und holen mehrere NRW Pflichtzeiten und einen Vereinsrekord. Bericht von Timm

Am Wochenende des 26. Und 27. März 2022 hieß es für die Wettkampfmannschaften endlich wieder Vollgas geben. Der erste Wettkampf nach ziemlich genau einem halben Jahr Pause stand auf dem Plan. Seit dem Euregioschwimmen im September waren alle offiziellen Wettkämpfe ausgefallen. Und obwohl zwei inoffizielle Veranstaltungen mit einem befreundeten Verein in der Übach-Palenberger Schwimmsportschule stattgefunden haben, kann das richtige Wettkampf-Feeling doch nicht ersetzt werden.

Im Laufe der Pandemie haben sich verschiedene Konzepte etabliert, um die Personenzahl bei Veranstaltungen in der Schwimmhalle zu reduzieren. In Gladbach, wo an diesem Wochenende das NEW SwimMeeting stattfand entschied man sich für eine Trennung der Veranstaltung nach Jahrgängen. So schwimmen im Vormittagsabschnitt auschließlich die jüngeren Jahrgänge bis einschließlich Jahrgang 2009, und die älteren Schwimmer starten ausschließlich im späteren Nachmittagsabschnitt. Diese Teilung trifft vor allem unsere 2. Wettkampfmannschaft, da diese in genau zwei Teile getrennt wird. Somit haben auch deren Trainer, in Form von Pia und Lotti, ein etwas anstrengenderes Wochenende erwischt. Während die beiden sich also über einen langen Arbeitstag beklagen (der vor Corona zum Standard-Wochenendprogramm eines jeden Trainers gehörte), können Sascha und Timm mit Ihrer 1. Mannschaft entspannt ausschlafen und treffen erst gegen Mittag in Gladbach ein. Manch einem Trainer ermöglicht diese Zeitplanung sogar die Anreise per Fahrrad.

Der Tag beginnt holprig. Der Wettkampf in Gladbach war noch nie für seine herausragende Organisation bekannt, Corona aber scheint das ganze noch einmal auf ein besonderes Level zu heben. Laut Hygiene-Konzept soll jedem Verein ein Platz auf der Tribüne zugeteilt werden, dass dieser Sitzplan im Voraus nicht verschickt wird, ist zwar unpraktisch aber durchaus entschuldbar. Wenn man dann vor Ort aber feststellen muss, dass unserem gesamten Verein (immerhin 30 Personen) kein Platz zugeteilt wurde, dann wird es auf der Tribüne plötzlich sehr eng. Genauso eng, wie ein Virus es liebt.

Was man dem Veranstalter dagegen nicht vorhalten kann, ist der Mangel an Kampfrichtern. Wie auch schon vor Beginn der Pandemie muss jeder Verein bis zu 4 Kampfrichter mitbringen. Dass diese noch nie benötigt wurden und letzten Endes 8 Wenderichter für 8 Bahnen zur Verfügung stehen (wo bei anderen Veranstaltungen durchaus 3 oder 4 Personen ausreichen) scheint dem Veranstalter egal zu sein, denn er wiederholt das Vorgehen jedes Jahr aufs Neue. Auch das auf diese Weise entstandene doppelte Zeitgericht ist normalerweise bei Trainern und Sportlern sehr willkommen, weil es die Wettkampfdauer erheblich verkürzen kann. Wenn der Schiedsrichter aber ohnehin nach jedem Lauf eine einminütige Pause einschiebt, dann hätten wohl viele der Kampfrichter lieber das schöne Wetter außerhalb der Schwimmhalle genossen.

Doch zurück zu dem, worum es eigentlich geht: Die Schwimmerinnen und Schwimmer. Ziel des Gladbach-Wettkampfes ist es jedes Jahr auf neue den aktuellen Leistungsstand zu Beginn der Langbahnsaison abzufragen. Normalerweise fällt dieser Stand sehr ernüchternd aus. Der Wettkampf ist lang, die Sportler haben viele Starts, die Trainer fahren das Training vor dem Wettkampf nicht wirklich herunter, um schnelle Zeiten zu ermöglichen, man ist die lange Bahn nicht mehr gewohnt und so weiter. Es gibt jedes Jahr viele Gründe, warum die Zeiten in Gladbach nicht dem entsprechen, was sich viele Schwimmer vor dem Wochenende davon erhoffen. Dieses Jahr allerdings lief einiges anders: Der letzte Langbahnwettkampf war im Juni 2019. Die Bestzeiten sind dementsprechend lange überholt und bieten einen anderen Anreiz als der Vergleich mit einer 8 Monate alten Zeit die beim Saisonhöhepunkt geschwommen wurde. Dementsprechend regnete es an diesem Wochenende erwartungsgemäß Bestzeiten. Der wichtigere Anhaltspunkt für uns Trainer ist aber natürlich immer der Vergleich mit den Pflichtzeiten von Bezirks- oder NRW-Meisterschaften. Doch auch hier lag die Pflichtzeitenquote für die Bezirksmeisterschaften auf der langen Bahn unerwartet hoch. So hoch, dass sich fast alle Sportler beim zweiten Langbahnwettkampf nach den Osterferien und nach dem Trainingslager ihre Stecken aussuchen können.

Ein weiterer Anhaltspunkt für die guten Leistungen an diesem Wochenende waren die erreichten NRW-Pflichtzeiten. So erreichte Jonas Merten die Pflichtzeiten über 50 und 100 Meter Kraul in 26,78s und 58,86s. Julius Uellendall verpasste die beiden Zeiten zwar um ein paar Zehntel, hat aber noch genug Zeit und Training, um die Pflichtzeiten auf den NRW zu unterbieten. Das Highlight des Wochenendes lieferte dagegen Benjamin Suchodoll. Nachdem er sich vor einige Monaten das Ziel gesetzt hat einen Vereinsrekord zu schwimmen, geht er uns Trainern bei jedem Training auf die Nerven: „Kann ich die Aufgabe nicht lieber in Delfin schwimmen?“ „Ich habe heute erst 1000 Meter Delfin, kann ich noch 500 Meter schwimmen?“ Während die Jungs vor Ihm also die Aufgaben gemütlich in Kraul (entschuldigt den Ausdruck) runterpimmeln, schwimmt Benni entspannt in Delfin hinterher. Für viele (mich eingeschlossen) völlig unverständlich warum man so etwas freiwillig macht und auch nicht immer konstruktiv oder produktiv, aber er zieht es durch. Und an diesem Wochenende zahlte es sich aus. Die 100m Schmetterling standen am Samstag auf dem Programm. Nachdem Benni die erste Bahn (50 Meter) schon sehr flott angegangen war und auf den dritten 25 Metern kaum nachgelassen hatte, dachte ich bei 75 Metern jetzt kommt der Mann mit dem Hammer. Wer die 100 Meter Delfin selbst geschwommen ist kennt das Gefühl: Man schwimmt die erste Bahn mit gutem Druck und Wassergefühl an, macht die Wende und alles ist gut. Beim Auftauchen nach den Kicks sind die Arme etwas schwer und man muss sich 25 Meter lang überwinden nicht zu stark nachzulassen, denn sonst wird das hinten raus sowieso nichts mehr. Und dann kommen die letzten 20m. Die Arme kommen nicht mehr aus dem Wasser, die Beine treten so stark es geht, um die Arme irgendwie zu entlasten, aber trotzdem bekommt man unter Wasser keinen Druck mehr auf die Hände. Die Arme machen einfach nicht mehr mit. Bis man auf den letzten 5 Metern schließlich gefühlt nur noch ausgleitet um irgendwie anzukommen. Bei Benni habe ich also nach 75 Metern jede Sekunde damit gerechnet, dass der Mann mit dem Hammer kommt… Aber er kam nicht. Nicht nach 75 Metern, nicht nach 80 und auch nicht nach 90 Metern. Er hat das Tempo einfach durchgezogen. Dementsprechend schnell war die Endzeit: 1:04,04. NRW-Zeit!

Eine starke Leistung und er war auch sehr zufrieden mit sich, aber sein Ziel war ja ein anderes: Vereinsrekord. Und dafür hatte er sich die längere Delfin-Strecke ausgesucht. Am Sonntag war er also doppelt motiviert, weil es am Samstag ja schon lief. Und wenn Papa noch extra in der Halle ist um zuzugucken, dann muss man natürlich auch etwas zeigen. Er geht die 200 Meter Schmetterling, die viele ja so schon für masochistisch halten, also mit dem Ziel Bestzeit, NRW-Zeit und Vereinsrekord an. Ich versuche noch, seine Erwartungshaltung etwas zu bremsen und sage: „Schwimm erstmal Bestzeit. Der Vereinsrekord läuft dir nicht weg, den kannst du nächstes Jahr auch noch schwimmen und die NRW-Zeit ist ein netter Bonus.“ Ich glaube er hört mir in diesen Momenten einfach nicht zu (vielleicht ist er klüger als ich, man weiß es nicht). Wenigstens die Technikhinweise nimmt er von mir noch an, wenigstens etwas. Die 200 Meter Schmetterling schwimmen erfahrungsgemäß nur wenige Sportler (wie gesagt, nur masochistisch veranlagte Personen machen das freiwillig). Dementsprechend war Bennis Lauf der zweite von zwei, und der schnellste gemeldete war 14 Sekunden schneller. Dass Benni sein Tempo 100 Meter lang durchziehen kann hatten wir ja am Samstag gesehen, er geht also mit den schnelleren neben sich in die zweite Wende und auf die dritte Bahn. So weit so gut. 100 Meter – 1:09,16. Schwimme ich heute auch nicht mehr auf 100 Meter Sprint – egal, es geht nicht um mich. Nach 150 Metern schwimmen immer noch drei Leute nebeneinander. Bennis dritter 50er eine 38,8s – das kann nach Adam Riese nur gut werden (vorausgesetzt er kann dem Mann mit dem Hammer ein weiteres mal entkommen). Letzte Bahn also: 3 Schwimmer nebeneinander. Normalerweise macht Benni jetzt seinen Standard-Move und taucht mit jedem Zug bis zum Boden, die Hände abgeknickt nach unten verstärken das ganze nur noch. Wir versuchen seit Wochen, Monaten, Jahren ihm das auszutreiben, bisher nur mäßig erfolgreich. Auf der letzten Bahn allerdings scheint er nochmal an mich zu denken und daran, was ich ihm vor dem Start gesagt habe: „Schwimm flach und nach vorne. Nicht nach unten.“ Und, glaubt es oder nicht (ich habe in dem Moment meinen Augen jedenfalls nicht getraut), er schwimmt tatsächlich mit Druck nach vorne. Baut einen Zweierzug ein, und fängt nicht an zum Boden zu tauchen. Ich bin sozusagen begeistert von dem was ich sehe und gebe die Hoffnung nicht auf, dass man mir beim Training vielleicht doch hin und wieder zuhört. Lange Rede kurzer Sinn: Benni zieht die Technik und das Tempo bis zum Ende durch. 37,5s auf den letzten 50 Metern. Also nochmal gesteigert gegenüber dem dritten 50er. Das muss man ihm erstmal nachmachen. Endzeit 2:25,05! Der alte Vereinsrekord von Karl Nüssgens aus dem Jahr 2018: 2:34,29. Karl war schnell, aber Benni hat ihm mal eben 9 Sekunden abgenommen. Außerdem bleibt er mit dieser Zeit 5 Sekunden unter der NRW-Zeit und liegt aktuell (Stand 03.04.2022) auf Platz 22 der DSV Bestenliste.

Wie gesagt: Es war kein normales Gladbach-Wochenende.