Deutsche Kurzbahnmeisterschaften in Berlin


Zwei Brander Staffeln, besetzt mit 5 Schwimmern, liefern in Berlin 2 Vereinsrekorde ab!!!

Viel zu früh, müde aber dennoch gut gelaunt starteten wir am Donnerstag, den 14.11. von Aachen nach Berlin. Die Zugfahrt war geprägt von tiefsinnigen Gesprächen und dem ein oder anderen Würfelspiel.

Pünktlich wie die Deutsche Bahn ist, kamen wir 45 Minuten zu spät in Berlin an – leider immer noch 15 Minuten zu früh, um einen Teil der Reisekosten zurückerstattet zu bekommen. Vom Bahnhof ging es – nach einem kurzen Zwischenstopp im Hotel – direkt in die Schwimmhalle zum Einschwimmen. Man muss ja schließlich die Konkurrenz im Auge behalten und abschätzen, ob unsere Gegner in Anbetracht unserer herausragenden Form nicht schon vor Angst zittern (Tobi, Sascha und Timm trainieren schließlich seit einigen Jahren regelmäßig – NICHT).

Nachdem wir uns bei einem ersten Einschwimmen in der Halle gezeigt hatten und unser gutes Gefühl bestätigt wurde, gingen wir zufrieden und zuversichtlich zurück ins Hotel um uns zu stärken. Vorfreude und Nervosität waren das vorherrschende Thema.

Tobis und Svenjas Gastgeber, die beiden waren bei Verwandten untergekommen, hatten sich währenddessen noch eine besondere Überraschung einfallen lassen: wer spielt nicht gerne Russisch-Roulette mit Norovirus. Dem entsprechend gehörten Mundschutz und Desinfektionsspray für Svenja zum Alltagsoutfit.

Freitag 15.11., 07:30 Uhr à viel zu früh, müde und zum Glück ohne Rückstoß-Turboantrieb aka. Norovirus machten sich die Schwimmer Sascha, Timm, Tobi, Arne und Karl, zusammen mit ihrem kleinen Einmann-Fanclub bestehend aus Svenja, auf den Weg in die Halle zum nun wichtigen Einschwimmen. Im Anschluss an das zweite Wassertesting innerhalb von zwei Tagen wurde jedes noch so kleine Haar entfernt, um die von der harten Vorbereitungszeit gezeichneten Körper an die Grenzen der Effizienz zu bringen.

Die Aufregung stieg mit jeder Minute und bald schon schwieg selbst der sonst so redselige Arne.

Knapp eine Stunde vor dem Start über die 4x50m Freistil Staffel ging es schließlich von der Zuschauertribüne, bepackt mit Carbon-Hose, Brille, Badekappe und allem sonstigen Zeug, das Schwimmer zur Ablenkung benutzen, auf den Weg in den Aufwärmbereich am Beckenrand. Jeder Schwimmer entwickelt im Laufe seines Lebens sein eigenes Ritual, das er in Abhängigkeit von der Wichtigkeit des Wettkampfes, mehr oder weniger ausführlich vor jedem Start durchführt. Auf diese Weise verschwindet jeder einige Zeit vor dem Start in seinem eigenen persönlichen kleinen Tunnel der Konzentration.

Im Gegensatz zu gewöhnlichen „Wald-und-Wiesen-Wettkämpfen“, die wir fast wöchentlich besuchen, gibt es bei den deutschen Meisterschaften einen Vorstartbereich, in den nur die Athleten dürfen, die kurz vor ihrem Start stehen. In Berlin ist dieser Bereich hinter einem großen Vorhang hinter der Startbrücke versteckt, uneinsehbar für die Zuschauer und sehr gut abgeschottet vom gesamten Wettkampfgeschehen. In diesem Bereich ist jeder völlig auf sich, seine Teammitglieder und die Konkurrenz fokussiert. Zwei Läufe vor seinem Start wird man dann hinter den Kulissen aufgerufen und für kurze Zeit wird alles sehr hektisch: einige Mannschaften sind pünktlich, andere erscheinen in dezimierter Form und suchen hektisch nach dem letzten fehlenden Mann (oder Frau), der sich in der hintersten Ecke für ein kleines „Konzentrationsschläfchen“ verkrochen hat, und wieder andere Mannschaften erscheinen erstmal garnicht. Zu letzterer Gattung gehörten wir vor unserem ersten Start über die 4*50m Freistil an diesem Freitag, schließlich war bis zu unserem Start noch mehr als genug Zeit – dachten wir zumindest, während wir uns in der hintersten Ecke bei einem unserer „Konzentrationsschläfchen“ vorbereiteten.

Wer den Livestream gesehen hat, wird aber festgestellt haben, dass wir es natürlich (routiniert, wie wir sind) natürlich noch rechtzeitig aus den Katakomben zurück ans Tageslicht geschafft haben (hinter dem Vorhang war es wirklich sehr dunkel).

Pünktlich wie eh und je stehen wir also nun hinter der Werbewand direkt an der Startbrücke und lassen noch ein letztes Bild von uns schießen, man weiß ja nie ob wir auch wieder aus dem Wasser kommen.

Nun sollte eigentlich alles laufen wie am Schnürchen: man wird aufgerufen, die Helfer schicken einen auf die Startbrücke und nervös wie man ist, findet man seine Bahn nicht. Irgendwas in der Art passiert wohl den meisten anderen. Um unsere Nervosität auf die Spitze zu treiben ließ sich der Zufall aber etwas ganz anderes einfallen: Saschas Brille reißt! Zum Glück sitzen Tobi und Svenja nicht weit entfernt und können ihm mit einer Ersatz-Schwedenbrille aus der Klemme helfen. Eine dieser Schwedenbrillen, die man für 3€ an jeder Ecke kaufen kann und bei denen Tobi jedes Mal aufs neues sagt: „Die waren aber mal billiger!“ Eine dieser Schwedenbrillen, die Schwimmer heutzutage – wenn überhaupt – nur noch im Training tragen. Auf Wettkämpfen sind längst die teuren Kobras für 60€ zum Standard-Modell anvanciert. Etwas, das alteingesessene Profis wie Tobi und Sascha nur schwer nachvollziehen können, schließlich leisten Schwedenbrillen dieselben guten Dienste.

Man muss ihnen allerdings lassen, dass sie wenigstens in Sachen Badehose auf dem neusten Stand der Technik sind: frei nach dem Motto „Carbon statt Kondition“ tragen natürlich auch alle Brander Schwimmer eine dieser völlig überteuerten (so mag es für außenstehende aussehen) Badehosen. Schwimmer sind sich unterdessen einig, dass einem diese Hosen doch ein großes Maß an Arbeit im Wasser abnehmen, was unseren voll im Saft stehenden alten Herren Tobi, Sascha und Timm natürlich sehr entgegen kommt. Nur Karl, mit übergroßem Selbstbewusstsein ausgestattet, ist der Meinung: „Den Scheiß mache ich nicht mit!“ Er schwimmt lieber in seiner schwarzen Wettkampfhose, die definitiv auch gute Dienste leistet, aber einfach nicht das Potenzial hat so viel nicht vorhandenes Training zu kompensieren wie eine Carbon-Hose (also keine Alternative für die anderen).

Aber zurück zum Thema: mit neuer Brille ausgestattet werden wir auf den Weg zu unserem Startblock Nummer 3 geschickt. Unserem Zuhause für die nächsten 2 Minuten. Diese 18 Meter Wegstrecke die für die Millionen Brander Fans vor ihren Livestreams vermutlich viel zu schnell vergingen, weil irgendjemand noch schnell ein kühles Getränk holen oder loswerden möchte, zieht sich für die Schwimmer sehr in die Länge.

Aber am Block angekommen geht alles sehr schnell. Der Startschwimmer bekommt gerade noch die Zeit sein T-Shirt auszuziehen bevor er auch schon auf den Block springen muss. Für Timm dieses Mal kein Problem, da er sein T-Shirt vorsichtshalber hinter den Kulissen zurückgelassen hat.

Und vielleicht ist es diesem Schachzug zu verdanken, dass er als Startschwimmer eine gute Zeit vorlegt: 25,00 Sekunden bedeuten für ihn eine persönliche Bestzeit von 0,42 Sekunden und dennoch einiges an Ärger, den er sich im Anschluss von Sascha anhören darf, weil er keine 1/100 schneller gewesen ist. Der Wechsel auf Arne verläuft problemlos und schnell und dieser kleine, mittlerweile doch recht große, Junge zaubert eine Zeit ins Becken, die ihm vor 2 Wochen bei den NRW-Meisterschaften niemand zugetraut hätte. Schließlich schwamm er damals schon 0,4 Sekunden Bestzeit und toppt diese Zeit nun noch einmal um über eine Sekunde (Reaktionszeiten vernachlässigen wir an dieser Stelle): 24,92 Sekunden. Karl war von dieser Fabelzeit vermutlich etwas überrascht und startet prompt sehr sehr schnell! Jeder Kampfrichter hätte vermutlich gesagt, dass sei zu früh gewesen, aber Karl ist die Souveränität in Person und legt eine Wechselzeit von 7/100 Sekunden aufs Parkett. Bessere Nerven beweist nur der zweite Schwimmer der SG Euregio Freiburg, der eine Wechselzeit von 0,01 Sekunde abliefert. Auch Karl überzeugt auf ganzer Linie und schwimmt eine von ihm nicht unerwartete Zeit von 24,40 Sekunden (unter Vernachlässigung der Reaktionszeit eine Bestzeit von 0,28 Sekunden). Nun liegt es an Sascha den doch beachtlich großen Vorsprung von mehr als einer Körperlänge ins Ziel zu retten. Doch der Schein trügt, schließlich ist es allgemein hin üblich, den stärksten und schnellsten Schwimmer ans Ende zu setzen. Nur wir halten uns mal wieder nicht daran: so geht für uns der langsamste (vor allem, weil er sein Zielgewicht nicht rechtzeitig erreicht hat) Schwimmer als letztes ins Wasser. Seinem liebevollen Spitznamen „Dampfwalze“ (nicht wegen der Körpermaße – oder -masse? – sondern wegen seines Schwimmstils) macht er auch prompt alle Ehre, als er bei der Wende die Wand so vollständig demoliert, dass ein Abstoßen nicht mehr möglich ist. Anders ist es nicht zu erklären, wie er in einer einzigen Wende dermaßen viel Zeit verlieren konnte. Während die zweite Bahn für ihn enorm lang wird, fliegen die Schwimmer neben ihm an ihm vorbei. Im Nachhinein nicht verwunderlich, schwimmt Sascha doch eine 25,74 während die Schwimmer neben ihm eine 23,20 beziehungsweise eine 23,37 schwimmen. Bei ca. zwei Metern pro Sekunde macht das einen Vorsprung von 5 Metern den Sascha gebraucht hätte um ihn ins Ziel zu retten. Deutlich mehr als die eine Körperlänge, die die anderen drei ihm mitgeben konnten.

Doch der Ärger war noch nicht vorbei, schließlich hatte Sascha noch ein Hühnchen mit Timm zu rupfen wegen seiner 25,00. Dieser antwortete mit einer spitzen Bemerkung in Richtung der Wende Saschas, die der Staffel am Ende eine Zeit unter 1:40,00 verwehrt hatte: eine Endzeit von 1:40,06 bedeutet aber immer noch einen deutlich von Vereinsrekord von 1,77 Sekunden!!!

Einen weiteren Glücksmoment durften wir 2 Minuten später erleben, als klar wurde, dass wir nicht die langsamste Staffel der Veranstaltung sein werden. Das dieses Schicksal ausgerechnet unsere Freunde vom SG Euregio Swim-Team treffen muss ist zwar schade, bedeutet für uns aber gleichzeitig den 30. Platz.

Nach diesem überaus erfolgreichen Einstand konnten die Brander Athleten sich auf den Rückweg machen, bei dem eine Currywurst zur Regeneration feierlich verzehrt wurde (wie immer beim „Curry Piraten“ an der S-Bahn-Station Frankfurter Allee). Den restlichen Freitag wurden die Schwimmer zu Touristen und genehmigten sich ein Stück Kultur der Hauptstadt, was mit der Besichtigung der Glaskuppel des Bundestages am späten Abend endete.

Samstag 16.11., 07:30 Uhr à viel zu früh, müde und … naja, viel hat sich zum Vortag nicht verändert.

Nach einem kurzen Fußmarsch und einer S-Bahn-Fahrt waren die Brander Schwimmer pünktlich um 8 Uhr in der Schwimmhalle zum Einschwimmen. Mit der starken Leistung vom Vortrag war auch heute das Ziel wieder schnell definiert: Vereinsrekord. Der Vereinsrekord über die 4x50m Lagen Staffel wurde vor 11 Monaten mit einer Zeit von 1:53,87 bei den Bezirksmeisterschaften aufgestellt und sollte heute von Tobi in Rücken, Timm in Brust, Karl in Delfin und Arne in Kraul unterboten werden.

Der Ablauf von Vortag wiederholte sich. Nach dem Einschwimmen wurden erneut jegliche Härchen, die es gewagt hatten die Haut zu durchbohren, entfernt. Immerhin die Haare auf dem Kopf und die Augenbrauen blieben unberührt. Ungefähr eine Stunde vor dem Start begaben sich die Sportler wieder in ihre persönliche Vorbereitung, um volle Konzentration aufzubringen und die Muskeln optimal aufzuwärmen und mit Sauerstoff zu versorgen. Wie auch schon am Tag zuvor ging es vermeintlich 10-15 Minuten vor dem Start in den Vorstartbereich. Denn dieser verschob sich durch zahlreiche Siegerehrungen um etwa eine halbe Stunde nach hinten, was die eh schon gesteigerte Anspannung unserer Schwimmer auf die Spitze trieb. Auch heute sahen wieder alle Fans, die sich an einem sonnigen Samstag vermutlich auf allen größeren Freiflächen in Brand und allen anderen Teilen der Bundesrepublik zu Public Viewing Events zusammengeschlossen haben, ihre Mannschaft einlaufen. Heute mussten die Brander Top-Athleten bis zur Bahn 1 sogar 23 elendig lange Meter zurücklegen, bis sie die Startposition erreichten.

Tobi besaß derweil die Kühnheit sein T-Shirt als Startschwimmer mit auf die Startbrücke zu nehmen und hatte noch gerade genug Zeit, sich auch dieses letzten Stückes Stoffes zu entledigen bevor es für ihn auf seine Lieblingsstrecke ging.

28,16 Sekunden bedeuten für ihn nur 3 Zehntel über Bestzeit, was bei einer Reaktionszeit von 0,89 Sekunden doch erstaunlich schnell ist. Diese doch sehr langsame Reaktionszeit (Durschnitt sind etwa 0,65 Sekunden; 0,55 ist schon sehr schnell und kann man besonders bei einem Start vom Block sofort als schnellen Start erkennen; 0,75 Sekunden sind dagegen sehr langsam, auch das kann man sofort erkennen) macht ihn im Anschluss schließlich auch zum Gespött des restlichen Teams. Für alle die sich fragen, wie wir an diese Zeiten kommen: die neuste Generation an Startblöcken und Startsystemen kann erkennen, wann ein Schwimmer keinen Druck mehr auf die Startfläche ausübt und somit den Block verlassen hat. Die Zeit, die zwischen Startsignal und Verlassen des Blocks verstreicht, wird gemessen und unmittelbar nach dem Start auf der Leinwand angezeigt. Außerdem findet sich diese Zeit später im Protokoll wieder. Ebenso werden die Wechselzeiten zwischen Anschlag und Verlassen des Blocks gemessen.

Tobi kompensierte die schlechte Startzeit durch die von ihm erstmalig benutze Rückenstarthilfe, die ihm (Zitat) „so ein geiles Gefühl“ mit auf den Weg gab. Der Wechsel auf Timm verlief dann zwar flüssig und sicher aber in keinster Weise schnell. Nicht umsonst startete Timm am Tag zuvor als Startschwimmer, denn so gut sein Start von oben auch ist, sein Staffelwechsel ist „einfach nur grottig“ (Zitat Sascha). So verwundert niemanden die langsame Startzeit von 0,43 Sekunden. Dennoch reicht es für ihn am Ende erneut für eine Bestzeit: 32,20 Sekunden. Trotz schwächelnder erster Bahn und obwohl alle anderen Schwimmer im Lauf ihn gnadenlos hinter sich lassen (Brust ist einfach keine Stärke der Brander).

Gut, dass im Anschluss wieder Karl an der Reihe ist und mit 26,56 Sekunden seine Bestzeit erneut bestätigen kann. Arne kann als Schlussschwimmer schließlich ebenfalls sein Starke Form bestätigen und schwimmt ärgerlich knapp (wie Timm am Vortag) über 25: 25,01 Sekunden.

Diese vier Einzelzeiten bedeuten eine Endzeit von 1:51,93 und eine Pulverisierung des Vereinsrekords um 1,94 Sekunden.

Überaus zufrieden und glücklich über die eigenen Leistungen ging es nach Saschas Geburtstagskuchen und Currywurst zur Erholung zum Hotel zurück, bevor es am Abend nochmal in die Stadt ging, um die erfolgreichen Staffeln zu feiern.

Am folgenden Tag ging es dann gut gelaunt und voller unbezahlbarer Erfahrungen und Erinnerungen, leider ohne Currywurst, mit der Bahn zurück nach Aachen, um die Vorbereitung auf die Anfang Dezember anstehenden Bezirksmeisterschaften weiterzuführen. Vielleicht fällt ja dann die Marke von 1:40,00…

Ein großes Dankeschön der 5 Schwimmer geht an dieser Stelle an Svenja, für die psychische und physische Unterstützung und das hin und wieder doch recht lange Warten auf sich duschende Schwimmer.

Ein großes Dankeschön geht außerdem an den Verein, der die gesamte An- und Abreise übernommen hat.

Zusätzlich müssen wir an dieser Stelle Timms Mutter erwähnen, die die Hotelkosten großzügig aus eigener Tasche bezuschusst hat!

Der letzte Gruß geht an Konstantin Eichler, der zwar lange als brustschwimmerische Alternative gehandelt wurde, schlussendlich aber nicht die Zeit erreichen konnte, die die Staffel gebraucht hätte. Vielleicht im nächsten Jahr!

Wenn die Brander wieder am Start sind…

Bericht von Arne, Karl, Sascha, Svenja, Timm und Tobi